1.10.20
Als Einstieg in unseren heutigen Blog Beitrag ein Video aus unserem One Love Chilren’s Home in Tuba, Ghana.
Ein Bericht von Anna Zaaki, Gründerin & Geschäftsführerin der Aminu Initiative
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass die Entscheidung, das One Love Children’s Home zu bauen, ein Schritt auf das nächste Level bedeutete. Wir hatten unsere Aminu Initiative Anfang 2006 gegründet und seitdem hat unsere Aufgabe darin bestanden, bestehende Projekte in Ghana finanziell zu unterstützen. Das waren die Zusammenarbeit mit der Günter Frey International School, der Kindertagesstätte Monika Creche und das von unserem verstorbenen Sohn/Stiefsohn begonnene “Junior Program”.
Gemeinsam mit unserem ghanaischen Partner haben wir irgendwann angefangen zu überlegen, wie wir unsere Aktivitäten erweitern könnten. Der Gründer der Günter Frey International School in Tuba, Mamadu Mudasiru (Muda), hat sich immer wieder um Kinder und Jugendliche sowie um deren Familien gekümmert, die in Not waren.
Da jedoch immer mehr Anfragen an ihn herangetragen wurden, haben wir gemeinsam beschlossen, für diese Kinder und Jugendlichen einen Ort zu schaffen, an dem sie all die Fürsorge erhielten, die sie benötigten.
So entstand die gemeinsame Idee unseres One Love Children’s Homes.
Gründer der Aminu Initiative, Amin Zaaki, vor dem One Love Children’s Home in Tuba, Ghana. Unsere Aminu Initiative hieß damals noch Nima e.V.
Von Anfang wollten wir uns abheben von den in Verruf geratenen Waisenhäusern in Ghana und haben das One Love als Boarding House der Günter Frey Int. School registrieren lassen. Ein Boarding House ist ein schuleigenes Wohnheim für Schüler*innen.
Die Alterspanne unserer Schützlinge liegt bei ca. 2 - 20 Jahren, wobei die Kleinen die Monika Creche (Kindergarten und -tagesstätte) und die Älteren, ab einem Alter von 6 Jahren, die Günter Frey International School besuchen.
Da die Kinder nicht von ihren Familien und Familienangehörigen abgeschnitten leben sollten, sondern wir von Anfang an sehr großen Wert darauf legten, dass der Kontakt und die Bindung zu den Familien bestehen bleibt, verbrachten die Kinder ihre Schulferien in ihrem familiären Umfeld.
Nur in Ausnahmefälle, ich erinnere mich an einen, als eines unserer Kinder völlig ausgehungert aus den Ferien zurückkam, wurden einige Kinder auch während der Schulferien im One Love oder direkt von Mudas Familie betreut.
Unter den im One Love betreuten Kindern befanden sich Voll-, Halb- und Sozialwaisen. Was wir ebenfalls sehr schnell gelernt hatten war, dass viele unserer Waisenkinder bisher nicht wussten, dass sie überhaupt Waisenkinder sind, da sich entweder Familienangehörige, Nachbarn oder Freunde bereits im Babyalter um sie gekümmert und in ihre eigenen Familien aufgenommen haben. Dies war ein weiterer Grund, dass wir von Anfang an versucht haben den Begriff Waisenhaus nicht zu verwenden, sondern eigentlich immer vom “One Love” reden.
Die Anfänge unseres One Love Children’s Home in Tuba, Ghana
Wir wollten unsere Schützlinge nicht unnötig verwirren und haben daher das Thema, dass viele von ihnen Waisen und Halbwaisen sind, nicht weiter angesprochen. Und tatsächlich ist der Begriff Familie in Ghana meist wesentlich weiter gefasst, als wir dies hier aus Deutschland kennen. Ein Cousin kann z.B. als Bruder bezeichnet werden und eine Tante als Mama. Was für viele von uns erst einmal sehr ungewohnt erscheint, ist für viele Menschen in Ghana etwas ganz Normales.
Diese interkulturellen Unterschiede finden sich auf allen Ebenen unserer Arbeit wieder und können zu Verwirrung, Aha-Effekten und gemeinsamen Lachern führen. Wir als deutsch-ghanaisches Team lernen immer dazu und genau das, macht unsere Arbeit besonders spannend.
Wohnheime für Schüler*innen sind in Ghana im Übrigen weit verbreitet. Sie dienen dazu, dass sich die Kinder auf ihre Bildung konzentrieren, einen geregelten Tagesablauf haben und rundum gut betreut sind. Denn in den Familien, aus denen unsere Kids kommen, ist es oft schwierig überhaupt regelmäßig zur Schule zu gehen, geschweige denn Hausaufgaben zu machen und zu lernen. Dies liegt daran, dass die Familien oft kein Geld haben für die Schulgebühren und sich die Kinder entweder um den Haushalt und jüngere Geschwister kümmern oder sogar durch Arbeit, wie z. B. das Verkaufen von Orangen, ihren finanziellen Beitrag zum Familienunterhalt beisteuern müssen.
Die Eröffnung des One Loves haben wir aufgrund der aus unserer deutschen Sicht nur langsamen Baufortschritte zweimal verschoben, was wiederum unseren ghanaischen Partner verwundert hat. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie unterschiedlich unsere beiden Kulturen sind und wie wir seit Gründung immer wieder voneinander gelernt haben und Kompromisse finden mussten.
Für unser deutsches Team war es unvorstellbar, dass die Kinder in ein unfertiges Gebäude einziehen sollten. Schließlich sollte ja alles seine Ordnung haben. Für das ghanaische Team spielte dies jedoch keine große Rolle, da es ihnen vor allem darum ging, den Kindern schnellstmöglich ein sicheres und lernförderliches zu Hause zu bieten.
Dies haben wir auch mit anderen gemeinsamen Bauvorhaben erlebt. Der Schulunterricht wurde z. B. öfters mal in unfertigen Klassenräumen abgehalten. Sobald dann das nötige Geld für die Fertigstellung da war, wurde diese nachgeholt.
Wir, das deutsche Team, mussten über die Jahre sehr viel lernen, vor allem, dass wir unserer deutsch-ghanaischen Partnerschaft keinen deutschen Stempel aufdrücken konnten und auch nicht wollten.
Es ging vielmehr um ein Miteinander, ausgerichtet an den Bedürfnissen vor Ort. Ein gemeinsamer Lernprozess, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Die Zusammenarbeit von zwei so unterschiedlichen Kulturen stellt uns immer wieder vor Herausforderungen, aber sie gibt auch allen die Chance zu wachsen und ständig dazuzulernen.
Dies habe ich über die Jahre sehr schätzen gelernt und bin dankbar dafür, dass unsere deutsch-ghanaische Partnerschaft uns immer wieder dazu zwingt andere Perspektiven einzunehmen und das Gegenüber verstehen zu wollen. Nur so ist eine interkulturelle Zusammenarbeit überhaupt erst möglich. Ein Miteinander auf Augenhöhe.
Auch wenn damals im Oktober 2009 nicht alles, aber dennoch fast alles, fertig war, zogen die ersten 12 Kinder feierlich in unser One Love ein. Dieser Tag wurde in der Gemeinde groß gefeiert, alle Nachbarn*innen, Familienangehörigen, Lehrer*innen und zukünftige Betreuerinnen der Kinder waren anwesend.
Eröffnungsfeierlichkeiten des One Love Children’s Homes in Tuba, Ghana
Als Ehrengast durften wir damals den Chief Imam von Ghana begrüßen. Er ist das geistliche Oberhaupt der Muslime und seine Anwesenheit, machte diese Eröffnungsfeier zu etwas ganz Besonderem.
Auch wenn sich unsere Bildungsprojekte in Tuba und in Nima-Accra in vorwiegend von muslimischen Familien bewohnten Gegenden befinden, spielte die Zugehörigkeit zu einer speziellen Religionsgemeinschaft in unserer Arbeit nie eine Rolle. So haben wir in unseren Bildungsprojekten von Anfang an eine ziemlich bunte Mischung an muslimischen und christlichen Kindern, Jungs und Mädchen, Voll-, Halb- und Sozialwaisen, gerade so wie der Bedarf an uns herangetragen wurde.
So wie es in Ghana eigentlich üblich ist, denn Ghana ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie ein friedliches Zusammenleben zwischen unterschiedlichen Religionen funktionieren kann.
Die Kinder von damals sind mittlerweile junge Erwachsene. Einige von Ihnen haben gerade Abitur gemacht, andere studieren oder machen eine Berufsausbildung.
Die One Love Kinder von damals sind nun junge Erwachsene und haben gerade Abitur gemacht
Anders als andere Einrichtungen, haben wir und unser Partner von Anfang vereinbart, dass wir unsere Kinder nicht mit 18 aus dem Programm entlassen, sondern wir sie solange weiter betreuen und finanziell unterstützen, bis sie auf eigenen Beinen stehen. Alles andere erachten wir als nicht nachhaltig.
Einer unserer One Love Schüler, der mittlerweile an der University of Ghana studiert - einer der besten Schüler landesweit.
Natürlich steigen die Bildungskosten mit jedem Jahr, das unsere Kinder älter werden. Um das Versprechen, das wir den Kindern gegenüber jedoch abgelegt haben, auch einzuhalten, werden wir zukünftig noch mehr finanzielle Mittel benötigen. Jede Spende trägt dazu bei, dass die Arbeit unserer deutsch-ghanaischen Partnerschaft Früchte trägt. Viele unserer Schüler*innen gehören nicht nur zu den besten ihrer Schulen, sondern oft sogar zu den Besten des Landes.
Mit einer monatlichen Spende können Sie unsere Arbeit noch nachhaltiger unterstützen. Diese ist bereits ab 5 EUR monatlich möglich.
Wir danken Ihnen von Herzen, denn jede einzelne Spende wirkt sich positiv auf das Leben unserer Schützlinge aus. Vielen Dank!
Wenn Sie lieber per Banküberweisung spenden möchten, können Sie dies über unser Spendenkonto:
Aminu Initiative e.V.
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